Eine Chronik: Hochwasser in Bruneck
Ferne Zukunftsmusik? Science Fiction? Keineswegs. Brunecks Stadtchronik macht das heute unvorstellbare Szenario real. Hochwasser gab es 1285, 1544, 1568, 1594, 1664, 1706, 1709 und 1763. Die vorletzte massive Überschwemmung erschütterte Bruneck 1882 mit 15 zerstörten Stadthäusern und zwölf Wirtschaftsgebäuden. Zwölf Häuser wurden vermurt, Teile des Friedhofs weggespült.
Mehr als 80 Jahre später das nächste bange Zittern um Leib und Gut. 1966 führte intensiver Regen im August kombiniert mit Schneefall im November zu großen Überschwemmungen im selbigen Monat. Die damals erst neu errichtete Waldebrücke und die Kuntnerbrücke fielen dem Hochwasser zu Opfer, im Brera-Lager standen Häuser unter Wasser, in Stegen ebenfalls. Die Schäden waren enorm. Daraufhin wurde der Rienzverlauf ausgebaut, kein weiteres Hochwasser sollte Bruneck mehr Schaden zuführen. Doch die Bemühungen reichten nicht aus.
1998 hielt das bisher letzte große Hochwasser Bruneck in Atem: wochenlange Regenfälle waren zu viel für den Staudamm in Olang. Er ging über und die Wassermassen eilten Richtung Stadt. Die Katastrophe von 1966 in guter Erinnerung, hielten der damalige Bürgermeister Günther Adang und die Feuerwehr Bruneck die Pegelstände im Auge. Sie stiegen und stiegen. Unter unmittelbarer Gefahr stand die Altstadt ab Hotel Rose, die gesamte Stadt- und Hintergasse. Adang war kurz davor Zivilschutzalarm zu geben. Um Mitternacht pendelten sich die Pegelstände ein, das Wasser stieg nicht weiter. Bruneck konnte weiterschlafen.
Glück im Unglück? Nein. Die Rettung für Bruneck kam nicht von oben, sondern von einem Umleitungskanal, der das Hochwasser bei gänzlich geöffneten Schotten von der Lodenfabrik Moessmer über einen unterirdischen Stollen zum Wieren-Werk in Stegen ableitete. Ohne die Hochwasserableitung wäre der Ausgang für Bruneck fatal gewesen. Für Stegen, schon vom Hochwasser 66‘ schwer beschädigt, ist es denkbar knapp ausgegangen.
Was Bruneck heute bei einem Hochwasser im Ausmaß jenes von 1966 blühen würde, kann man sich nun ausmalen. Das Hochwasser von 1998 hat bewiesen, dass die Schwachpunkte von 66‘ dieselben sind wie heute, nämlich die Zone beim Hotel Rose, die Hinter- und Stadtgasse sowie Teile von Stegen. All diese Schwachpunkte wären von einem solchen 30jährigen Hochwasser akut bedroht. Rechnet man nach, ist ein 30jähriges Hochwasser seit 1996 überfällig.
Die Wahrscheinlichkeit eines 30jährigen Hochwassers ist laut der „Richtlinien zur Erstellung der Gefahrenzonenplänen“ hoch.